Als paraneoplastische neurologische Syndrome (PNS) werden Erkrankungen des zentralen und peripheren Nervensystems bezeichnet, die in unmittelbarem Zusammenhang mit einem Tumorleiden auftreten, jedoch nicht durch den Tumor bzw. seine Metastasen direkt verursacht werden oder als Nebenwirkung auf eine Therapie mit Zytostatika oder durch Bestrahlung zurückzuführen sind. PNS kommen bei ca. 15 % aller malignen Erkrankungen vor, überwiegend bei Tumoren der Lunge.
Tumorzellen exprimieren Antigene, je nach Art des Tumors, z. B. Amphiphysin, CV2/CRMP5, PNMA2 (Ma2/Ta), Ri, Yo, Hu, ZIC4 oder Tr (DNER), welche die Bildung spezifischer Autoantikörper (AAk) induzieren können. Eine direkte pathogene Wirkung dieser AAk ist nicht bekannt. Stattdessen ist eine T-Zell-vermittelte Immunantwort an der neuronalen Degeneration beteiligt. Daraus resultiert auch das schlechte Ansprechen der Patienten auf eine B-Zell-basierte Immuntherapie.
Kürzlich wurden neue Diagnosekriterien für PNS aufgestellt (Graus et al., 2020). Neu ist die Unterteilung von Hochrisiko-Phänotypen (Enzephalomyelitis, limbische Enzephalitis, rasch fortschreitendes Kleinhirnsyndrom , Opsoklonus-Myoklonus-Syndrom, sensorische Neuronopathie, gastrointestinale Pseudoobstruktion (enterische Neuropathie), Lambert-Eaton-Myasthenie-Syndrom) und Phänotypen mit mittlerem Risiko für PNS (u. a. Enzephalitis, Anti-NMDA-Rezeptor-Enzephalitis, Hirnstamm-Enzephalitis, Morvan-Syndrom, isolierte Myelopathie , Stiff-Person-Syndrom, Polyradikuloneuropathie).
Der Begriff „onkoneurale Antikörper“ wurde durch „Antikörper mit hohem Risiko“ für eine Krebserkrankung (Tumorleiden bei > 70 % der Patienten mit diesen Antikörpern) und „Antikörper mit mittlerem Risiko“ für eine Krebserkrankung (Tumorleiden bei 30 – 70 % der Patienten mit diesen Antikörpern) ersetzt. Die Leitlinien unterteilten die Evidenz für PNS in 3 Stufen: „definitiv“, „wahrscheinlich“ und „möglich“. Jede Stufe kann mithilfe des PNS-Care Score ermittelt werden, der den klinischen Phänotyp, den Antikörpertyp, das Vorhandensein oder Nichtvorhandensein von Krebs und die Dauer der Nachbeobachtung bewertet. In der Regel ist für die Diagnose „definitives PNS“ der Nachweis von Antikörpern mit hohem oder mittlerem Risiko Voraussetzung (mit Ausnahme des Opsoklonus-Myoklonus-Syndroms).
Neuronale Antikörper sind als aussagekräftige Biomarker etabliert und ihr Nachweis ist von außerordentlicher Bedeutung für die Diagnose von PNS. Für eine sichere Diagnose empfehlen die Leitlinien, Autoantikörper bei PNS immer mit mindestens zwei voneinander unabhängigen Methoden zu bestimmen.
Zu den Goldstandard-Nachweisverfahren gehört die indirekte Immunfluoreszenz (IIFT; oder Immunohistochemie) basierend auf Hirnschnitten, beispielsweise mit speziellen BIOCHIP-Mosaiken von EUROIMMUN für die Neurologie. Zur Bestätigung kommen Immunblots (z. B. EUROLINE-Profile) für den monospezifischen Nachweis von Autoantikörpern, meist gegen intrazelluläre Antigene, oder zellbasierte Assays (CBAs), für den Nachweis von Antikörpern gegen Zelloberflächen- oder synaptische Proteine, zum Einsatz. Die Testung auf neuronale Autoantikörper sollte sowohl mit Serum als auch mit Liquor erfolgen.
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